Ich bin wütend.
Und traurig.
Wütend und traurig darüber, wie wir Jurist*innen mit unserer geistigen Gesundheit umgehen.
Spoiler: nicht gut.
Wie wir im Rechtsmarkt mit dem Thema "mentale Krankheit" umgehen.
Spoiler: auch nicht gut.
Wir Jurist*innen sind meist
...perfektionistisch
...Gscheidhaferl (aka wir haben gerne recht)
...leistungsgetrieben.
Und wir arbeiten in aller Regel in einem Arbeitsumfeld, das
...perfektionistisch, leistungsgetrieben und stark wettbewerbsorientiert ist.
Das trifft im Besonderen auf Anwält*innen zu.
Fehler darf es keine geben.
Schwäche wird nicht zugestanden.
Hohe Arbeitsbelastung und Druck von oben.
Konkurrenz vor Kooperation macht die Sache auch nicht besser.
In 2022 wurde ein Whitepaper zum Thema "Lawyer Well-Being" durch das Liquid Legal Institute veröffentlicht.
Mit erschreckenden, aber irgendwie auch nicht überraschenden Zahlen:
Anwält*innen leiden in höherem Maße als die Durchschnittsbevölkerung und andere Berufsgruppen unter Stress, Angstzuständen, Depressionen, psychischen Störungen, Burn-out und Sucht.
Fast 70% der angestellten Anwält*innen unter den Studienteilnehmer*innen hatten bereits beruflich bedingte psychische Probleme.
Und ich gebe ganz offen zu:
Auch mir ging es 2016 mental wirklich schlecht in meinem Arbeitsumfeld.
Ich verstand, dass ich nicht nachhaltlig gesund bleiben konnte, wenn ich so weiterarbeiten würde und verließ die Kanzlei.
Lösungsansätze gäbe es viele.
Ich nenne hier mal auf die Schnelle 5 an der Zahl:
1. Offene Kommunikation zum Thema Schwäche. #Kanzleikultur!! Denn culture eats strategy for breakfast, right?
2. Coaching-Angebote in Kanzleien schaffen. Ja, das hilft was! Ich spreche aus Erfahrung.
3. Führung wirklich verständlich machen von Anfang an. Was bedeutet Führung? Was bedeutet Selbstführung? Der Druck wird nämlich meist einfach von oben nach unten weitergegeben.
4. Fehlerkultur etablieren (this will be a hard one!).
5. Noch nix Neues, aber: Arbeitsbelastung runter! Mehr Anwält*innen zu weniger Gehalt? Wie wäre das? Oder Projekt-Anwält*innen?
Was meinst du?
Mich würde sehr interessieren, wie du das Thema "Mentale Gesundheit" im Rechtsmarkt erlebst oder erlebt hast und welche Gedanken du dazu hast.