"Du verlässt nicht den Arbeitgeber, sondern den Chef!"


"Du verlässt nicht den Arbeitgeber, sondern den Chef!"

Ist das wirklich so?

Ich hatte in meiner Großkanzleierfahrung einen - sagen wir mal - sehr "speziellen" Chef.

Ich dachte mir oft: "Ich will einfach nur meine Arbeit machen."

Aber ich musste so sehr auf die Befindlichkeiten meines Chefs achten, dass mich das richtig viel Energie kostete.

Und viel mentale Last ging dafür drauf statt für die juristische Arbeit oder eine berufliche Weiterentwicklung.

Was die Sache für mich verschärfte:

In der Großkanzlei wusste damals wirklich jeder, dass mein Chef anstrengend und schwierig war.

Es gab eine hohe Fluktuation in seinem Team und noch nie war ein*e Associate unter meinem Chef in die Partnerschaft aufgestiegen.

Schon nach kurzer Zeit verließ ein weiteres Team-Mitglied entnervt die Kanzlei, wodurch ich innerhalb kürzester Zeit zur seniorigsten Anwältin in meinem Team wurde.

Mit der Zeit stellte ich mir immer mehr die Frage:

Was macht das mit einer Kanzleikultur, wenn solche Chefs geduldet werden?

Wenn Zahlen/ ein guter Business Case wichtiger sind als eine langfristige Bindung von Mitarbeiter*innen?

Wenn es egal ist, wie junge Anwälte und Anwältinnen behandelt werden und wie sie sich weiterentwickeln können?

Will ich in so einem Umfeld arbeiten?

Meine Antwort war - wer hätte es gedacht ? ;) - NEIN.

Und so finde ich, es hängt doch unmittelbar zusammen.

Ich verlasse nicht nur einen Chef, sondern immer auch einen Arbeitgeber.


Den Chef, weil er oder sie den Anforderungen an eine Führungskraft nicht gerecht wird oder aber auch einfach unabhängig davon menschlich nicht tragbar für mich ist.

Den Arbeitgeber verlasse ich, weil er solche Chefs duldet und nicht zur Rechenschaft zieht. Weil er sehenden Auges junge Menschen die Chance nimmt, gesund zu wachsen, sich weiterzuentwickeln und mit Selbstbewusstsein an die Arbeit zu gehen.

Jetzt würde mich interessieren? Was sind deine Gedanken dazu?